Geschäfts- und Pressebericht des Arbeitsgerichts Mannheim für das Jahr 2015

Datum: 10.03.2016

Durch das Arbeitsgericht Mannheim wird die Gerichtsbarkeit in Arbeitssachen für die Stadtkreise Mannheim und Heidelberg sowie die Landkreise Rhein-Neckar-Kreis sowie Neckar-Odenwald-Kreis in erster Instanz ausgeübt.
Der Sitz des Arbeitsgerichts befindet sich in Mannheim.
Es sind insgesamt 15 Kammern eingerichtet. Hiervon haben vier Außenkammern ihren Sitz in Heidelberg. Vom Stammgericht in Mannheim aus werden darüber hinaus Gerichtstage in Mosbach abgehalten.
Drei Kammern waren 2015 durch Abordnungen und Elternzeit teilweise nicht besetzt.


Geschäftsentwicklung

Da sich die Verfahrenseingänge im Jahr 2015 bei der nach wie vor guten Wirtschaftskonjunktur im Vergleich zum Vorjahr leicht nach unten bewegten, konnten Vakanzen in der Besetzung im Jahr 2015 aufgefangen werden.
Es gelang daher die Verfahren zügig zu bearbeiten und den Bestand der Verfahren auf nahezu gleichem Niveau zu halten. Die Verfahrenseingänge sanken beim Arbeitsgericht Mannheim leicht auf insgesamt 5.073 Verfahren, davon 160 Mahnverfahren.
Im Jahre 2015 waren die Eingänge in der ersten drei Quartalen verhältnismäßig gering und nahmen allerdings im 4. Quartal 2015 deutlich zunahm.

Auf die Kammern Mannheim inklusive der Kammer, die für den Gerichtstag in Mosbach zuständig ist, entfielen 3.577 Verfahren.
Diese setzten sich aus 3.328 Urteilsverfahren und 149 Beschlussverfahren zusammen.
Bei den Urteilsverfahren handelt es sich meist um Klagen von Arbeitnehmern gegen Arbeitgeber, insbesondere nach zuvor erfolgten Kündigungen.
Bei den Beschlussverfahren hingegen geht es in der Regel um Streitigkeiten zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber. Daneben war noch der Eingang von 100 Mahnverfahren zu verzeichnen.
Zu Beginn des Jahres 2015 waren bei den Kammern Mannheim 863 Altverfahren anhängig. Die Bestandszahlen der Kammern Mannheim sanken zum Ende des Jahres 2015 minimal auf 844 Verfahren.

Auf die Kammern in Heidelberg entfielen bei einem Grundbestand von 461 Altverfahren 1.496 neue Verfahren. Hierbei handelte es sich um 1.393 Urteils- und 43 Beschlussverfahren. Hinzu kamen noch 60 Mahnverfahren.
Die Bestandszahlen bei den Kammern Heidelberg fielen ebenfalls leicht auf 419 Verfahren.

Mit einer überdurchschnittlichen Quote von 72,5 % mündeten im Jahre 2015 mehr als 2/3 aller Verfahren in einen Vergleich.
Wünschenswerterweise erlangten die Prozessparteien dadurch meist zu einem frühen Zeitpunkt die notwendige Rechtssicherheit und Rechtsklarheit.


Güterichterverfahren

Ab 01.01.2015 hat die Arbeitsgerichtsbarkeit in Baden-Württemberg das sogenannte Güterichterverfahren flächendeckend bei allen Arbeitsgerichten eingeführt. Beim Arbeitsgericht Mannheim, welches das Güterichterverfahren nach Einführung der gesetzlichen Regelung praktiziert, ist der Güterichter fester Bestandteil der gerichtlichen Tätigkeit.
Das Verfahren macht es möglich, zum Güterichter verwiesene Rechtstreitigkeiten in freier Verfahrensgestaltung unter Anwendung aller Methoden der Konfliktbeilegung, und hierbei insbesondere auch der Mediation, einer Einigung zuzuführen.
Scheitert diese, wird das Verfahren vor dem Prozessrichter fortgeführt.
Das Güterichterverfahren hat sich in den letzten Jahren beim Arbeitsgericht Mannheim in vielen Fällen bewährt und eine Streitschlichtung und -befriedigung herbeigeführt.


Besetzung

Im Jahre 2015 waren im Jahresdurchschnitt ungefähr 10,5 Richterstellen besetzt, nachdem im Laufe des Jahres 2015 zwei Richterstellen wieder in Teilzeit besetzt werden konnten.
Durch die Zunahme der Eingänge im 4. Quartal ist allerdings erneut eine Vakanz von einer halben Richterstelle zu verzeichnen. Da sich durch Abordnung und Mutterschutz die Anzahl der Richterstellen zu Beginn des Jahres 2016 bei weiter steigenden Eingängen erneut verringerte, bedarf es der zügigen Besetzung der nunmehr leider wieder vakanten Stellen.
Um die zu erwartende „Wellenbewegung“ der Verfahrenseingänge bewältigen zu können, bedarf das Arbeitsgericht Mannheim nach Möglichkeit der Besetzung aller 15 Kammern mit einem Richtervolumen von ca. 11,5 bis 12 AKA. Immer wieder auftretende Vakanzen können nicht dauerhaft aufgefangen werden.


Die genannte Besetzung ist auch erforderlich, um den Richtwert von ca. 500 bis 600 Verfahren pro Vollzeitrichterstelle, der eine qualitativ gute und zeitnahe Sachbearbeitung der Verfahren gewährleistet, zu erreichen. Nur dann kann zügiger Rechtsschutz, der im Arbeitsrecht sowohl für Arbeitnehmer als auch für die Arbeitgeber von herausragender, oftmals sogar von existenzieller Bedeutung ist, gewährleistet werden.
Eine möglichst zeitnahe Sachbearbeitung und dadurch zu erzielende schnelle Rechtssicherheit stellen positive Arbeitsmarktpolitik dar und stärken auf diese Weise die Wirtschaft des Landes Baden-Württemberg.

Das Arbeitsgericht Mannheim ist eines von 17 Arbeitsgerichten im Bundesgebiet, welche im 1. Halbjahr 2016 die aktuell in diesem Zeitraum anfallende Arbeitsmenge minutengenau erfassen. Das Ergebnis der laufenden Untersuchung wertet ein Beratungsunternehmen aus, um das „Personalbedarfsberechnungssystem“ der Justiz im Bereich der Fachgerichtsbarkeiten fortzuentwickeln.
Es ist zu hoffen, dass das Ergebnis dieser Erhebung eine ausreichende Basis zur Erledigung der zukünftig anfallenden Arbeiten schafft und die Personalausstattung der Gerichte sich dadurch bessert.
Künftige Einsparungen im Unterstützungsbereich könnten nicht ohne Qualitätsverlust bewältigt werden. Es ist der Motivation und dem Einsatz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu verdanken, dass die Verfahren stets zügig und gewissenhaft abgewickelt werden konnten.


Öffentlichkeitswirksame Verfahren

Auch im Jahre 2015 waren wieder einige Verfahren für die Öffentlichkeit von besonderem Interesse:
So setzte das Arbeitsgericht Mannheim im März 2015 in einem Verfahren zwischen der ALSTOM Deutschland AG  und ihrem Konzernbetriebsrat eine Einigungsstelle ein, um die Frage zu klären, ob die Geschäftsführung in Mannheim dem Betriebsrat wichtige Unterlagen zu einer bevorstehenden Übernahme durch General Electric vorenthalte.
In einem anderen Verfahren entschied das Arbeitsgericht Mannheim im Mai 2015, dass die fristlose Kündigung eines Horterziehers durch die Stadt Mannheim aufgrund seines rechtsextremistischen Weltbildes wirksam gewesen sei: Der Erzieher hatte - wie eine Beweisaufnahme ergab - unter anderem über einen Jungen geäußert: "Wenn das mein Sohn wäre, würde er Springerstiefel tragen und eine rote Binde am Arm".
Im Berufungsverfahren hat  das LAG Baden-Württemberg kürzlich entschieden, dass die Kündigung des Erziehers zumindest als ordentliche Kündigung wirksam sei.

 

Ausblick

Bereits zu Beginn des Jahres 2016 gingen mehrere einstweilige Verfügungen beim Arbeitsgericht Mannheim ein, die das Möbelhaus „XXXL Mann Mobilia“ betrafen.
Das Unternehmen hatte Ende Januar 2016 fast 100 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unter Fortzahlung ihrer Vergütung von der Arbeit freigestellt und den Betriebsrat aufgefordert, sein Büro örtlich zu verlegen.
Das Arbeitsgericht hat auf  Antrag des Betriebsrats untersagt, dass das Betriebsratsbüro verlegt werden muss. Die einstweiligen Verfügungen auf Unterlassungen von „Betriebseinschränkungen“ am Standort Mannheim, die der Betriebsrat beantragt hatte, wurden hingegen abgewiesen.
Über die Frage der Rechtmäßigkeit der Freistellungen war dabei durch das Gericht nicht zu entscheiden. Denn keiner der betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hatte hiergegen geklagt.

Bereits anhängig sind erste Kündigungsschutzklagen gegen Kündigungen der Firma Reckitt Benckiser. Der Arbeitgeber beabsichtigt im Jahre 2016 am Standort Ladenburg einen Produktionszweig stillzulegen und einer Vielzahl von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu kündigen.
Bezüglich des Unternehmens General Electric („GE“, ehemals Alstom Mannheim) berichten die  Medien über Personalabbaumaßnahmen größeren Ausmaßes. Bislang sind aber beim Arbeitsgericht Mannheim noch keine hiergegen gerichtete Klagen anhängig.

Es bleibt zu hoffen, dass es den genannten Unternehmen gelingt, gemeinsam mit den Betriebsräten für die Belegschaft und für Mannheim als „Arbeiterstadt“ sozialverträgliche und vernünftige Lösungen zu finden.

 

Maier                                           Faggin                                         Miess

Diese Website verwendet Cookies. Weitere Informationen erhalten Sie unter Datenschutz.